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Zehn Lieder, die mir Halt geben und Mut machen – trotzdem

Zusammenstellung aus Chorälen, Pop-Songs und Neuen Geistlichen Liedern

1. Jesu, meine Freude – EG 396

Ich trage nicht nur den Choral in mir, sondern auch die gleichnamige Motette von Johann Sebastian Bach. Wenn es in der 3. Strophe des Chorals heißt: „Trotz dem alten Drachen, Trotz dem Todesrachen, Trotz der Furcht dazu! Tobe Welt, und springe; ich steh hier und singe in gar sichrer Ruh…“, dann explodiert in der Bachmotette geradezu das trotzige „Trotz“. Und wenn es um das Toben auf der Welt geht, dann tobt der Bass mit einem unfassbar faszinierenden Lauf durch die Gesangsstimmen – bis zum Wendepunkt, diesem „Ich steh hier und singe“. Ich weiß, was mich hält. Ich weiß, was mich trägt. Und in unwiderstehlicher und atemberaubender Schönheit eröffnet sich die Begründung dafür: „Gottes Macht hält mich in acht, Erd und Abgrund muss verstummen, ob sie noch so brummen“.   

2. Ein feste Burg ist unser Gott – EG 362

So weit ich mich mit Liedern von Martin Luther beschäftigt habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der Reformator mit diesem Lied dem „Fürst dieser Welt“, also dem Tod, den Kampf ansagt. Als das Lied 1529 entstand, herrschte im Land die Pest. Sie hatte auch im Wohnhaus der Familie Luther Einzug gehalten. Aus der Hochzeit der Corona-Pandemie haben wir ganz gegenwärtig Bilder aus Italien und den USA vor Augen: Särge auf den Straßen, Särge auf den Innenhöfen der Krankenhäuser, Kühlwagen voller Särge. Ähnliche Bilder wird Luther vor Augen gehabt haben. Darum schreibt er in Strophe 2 „Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren“. Und dann formuliert er sein Trotzdem, seine Hoffnung, die es ihm unmöglich macht, aufzugeben: „Es streit‘ für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren.“ Und damit ganz eindeutig klar ist, an wenn er denkt, formuliert Luther weiter: „Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott, das Feld muss er behalten“. Und diese Zuversicht ist stärker als jede Hinterlist des Todes und aller seiner Teufel.

3. You raise me up – Josh Groban

When I am down and, oh my soul, so weary;
When troubles come and my heart burdened be;
Then, I am still and wait here in the silence,
Until you come and sit a while with me.

You raise me up, so I can stand on mountains;
You raise me up, to walk on stormy seas;
I am strong, when I am on your shoulders;
You raise me up to more than I can be.

Ich liebe diesen unfassbar kraftvollen Popsong, den es in vielen grandiosen Einspielungen gibt. Vor wenigen Tagen habe ich auf Facebook eine von zwei rumänischen Schwestern gehört, die eine ein Teenager von 16 oder 17 Jahren, die andere ein 11 oder 12jähriges Kind. Auch an deren Interpretation wurde mir erneut die ganze Stärke dieses Titels deutlich: Sowohl das Ich, als auch das Du im Lied lässt sich wie ein Formular verwenden, in das ich jeweils einen Namen einsetze. In der rumänischen Interpretation etwa bestätigen sich die beiden Schwestern gegenseitig ihre Bedeutung füreinander:  “Wenn es mir schlecht geht, wenn ich am Boden liege, wenn Probleme mein Herz zu zerreißen drohen, bleibe ich dennoch ruhig und gefasst und warte darauf, dass du kommst und dich eine Weile zu mir setzt”.

Was aus dieser Nähe folgt, was dann im Lied passiert, ist wie ein Damskus-Erlebnis. Aus Blindheit wird neues Sehen, aus Lähmung wird neues Gehen: “Du richtest mich auf, dass ich das Gefühl habe, auf Bergen zu stehen. Du hebst mich hoch, dass ich selbst übers Wasser laufen kann. Und ich spüre, wie meine Kraft an deiner Schulter wächst und wächst”. Immer wuchtiger schwillt der Refrain an bis hin zu seiner Quintessenz: “Du hast es geschaffst , mich größer zu machen, als ich es bin”. Um die Bedeutung dieses Wandlungsgeschehens, dieser Auferstehung,  zu unterstreichen, ist es absolut naheliegend und sinnfällig, dass der Refrain in der Wiederholung einen Ton höher gesungen wird

Der Autor Josh Groban hat es abgelehnt, seinem Lied eine religiöse Bedeutung zu geben. Aber seit es sein Lied gibt, setzen Christinnen und Christen ihren eigenen Namen beim “Ich” im Formular ein und den Namen Gottes beim “Du”.

 

4. Und da war Kraft – Band HABAKUK aus der CD “Was auch geschieht”, 2019

Den schweren Weg alleine gehn,den Schmerz alleine tragen.Im Nachtschwarz keine Hoffnung sehn,nur zittern, weinen, klagen.

Es war mein Schmerz – und deiner nicht,
und doch bist du gekommen,
und hast mit deiner Zuversicht
mich in den Arm genommen.

Und da war Kraft.
Und da war Licht.
Ich spürte mein Herz schlagen.
Am Horizont
kam Land in Sicht –
und meine Füße tragen.

Den schweren Weg alleine gehn,
nah dran, mich aufzugeben.
Mit leeren Händen dazustehn –
was sollte noch mein Leben? 
So war mein Schmerz – und deiner nicht.
Und dann bist du gekommen,
und hast mit deiner Zuversicht
mich in den Arm genommen.

Und da war Kraft….

Text: Eugen Eckert. Musik: Andreas Neuwirth

Im Grunde die gleiche inhaltliche Idee wie beim Song „You raise me up“. Schwere Wege, die man meint, alleine gehen zu müssen, gibt es viele: Der Verlust eines Arbeitsplatzes, eine unheilbare Diagnose, das Zerbrechen einer Partnerschaft, das Hergeben-Müssen an den Tod. Schmerz, Trauer, Depression, Verzweiflung können daraus resultieren. Aber es kann auch der Boden dafür bereitet sein, das Wunder einer Verwandlung zu erleben, wenn man in den Arm genommen wird, wenn man Wärme und Liebe spürt, wie auch Gott sie gibt.

5. Gott hat mir längst einen Engel gesandt – aus dem Musical Daniel

Gott hat mir längst einen Engel gesandt,
mich durch das Leben zu führen.
Und dieser Engel hält meine Hand,
wo ich auch bin, kann ich’s spüren:
Mein Engel bringt in Dunkelheit mir Licht.
Mein Engel sagt mir: Fürchte dich nicht!
Du bist bei Gott aufgehoben.

Text: Eugen Eckert, Musik: Thomas Gabriel aus CD „Daniel“

Ein sehr beliebter Taufspruch kommt aus Psalm 91. Er lautet: „Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten“. Aber wo sind die Engel? Und wer sind sie? Der Schriftsteller Rudolf Otto Wiemer hat in einem kleinen Gedicht eine Sehhilfe formuliert für die Engel um uns her. Er schreibt „Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein, die Engel. Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein, oft sind sie alt und hässlich und klein, die Engel. Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand. Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand, oder wohnt neben dir, Wand an Wand, der Engel. Dem Hungernden hat er Brot gebracht, der Engel. Dem Kranken hat sie das Bett gemacht, sie hört, wenn du sie rufst in der Nacht, der Engel. Er steht auch im Weg, und er sagt: Nein, der Engel. Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein, die Engel.“

Manchmal, mitten am Tag, sagen wir zu jemandem, der oder die uns mit etwas Schönem überrascht hat: „Du bist ein Engel“. Das ist der Moment, in dem es uns wie Schuppen von den Augen fällt, dass wir von den Engeln Gottes umgeben sind, die gemeinsam mit uns durchs Leben gehen. Schließlich hat Gott seinen Engeln befohlen, uns zu behüten, allen schweren Momenten zum Trotz.

6. Oh, happy day - Traditional

Oh, happy day, oh, happy day, when Jesus washed,
oh, when he washed, when Jesus washed,
he washed my sins away. Oh happy day, oh happy day.

He taught me how to watch, fight and stay, fight and stay,
And live enjoying ev’ryday, ev’ryday, ev’ryday.

Oh happy day….

Von Martin Luther wird erzählt, dass er sich auf einen Tisch den Satz geschrieben hat: „Ich bin getauft“. Eine Tischdecke verdeckte diesen Satz. Aber jeweils dann, wenn es zu schweren Auseinandersetzungen oder Momenten in seinem Leben kam, zog Luther die Tischdecke weg und vergewisserte sich, durch die Taufe Kind Gottes zu sein und allen Schwierigkeiten zum Trotz, gehalten und getragen zu sein.

Der Gospel „Oh, happy day“, den die kalifornischen Edwin Hawkins Singers seinerzeit durch ihre Einspielung weltberühmt gemacht haben, beinhaltet genau dieses Trotzdem. Weil ich getauft bin und mich auf die Nähe Gottes verlasse, habe ich gelernt, auf das Leben aufmerksam zu achten, mich für es einzusetzen und zu kämpfen und mich dabei an jedem einzelnen Tag zu freuen. Mit dieser Haltung hat die Taufe eine überragende Kraft, in stürmischen und schweren Zeiten zu ermutigen

7. Sei getrost und unverzagt – zu Psalm 27

Sei getrost und unverzagt.
Freue dich an deinem Leben.
Denn Gott hat dir zugesagt,
dich mit Liebe zu umgeben.
Blühe auf in seinem Licht -
sei getrost, fürchte dich nicht.

Hab den Mut, aufrecht zu gehn,
auch wenn andre längst sich beugen,
gegen Lüge aufzustehn
und die Wahrheit zu bezeugen.
Sei ein Mensch, der Frieden schafft -
dazu schenkt dir Gott die Kraft.

Stark und zäh dein Wille sei
gegen Bosheit, Hass und Schrecken.
Geh nicht unter, bleibe frei,
Gottes Spuren zu entdecken:
Hier, in der oft kalten Welt,
birgt er dich in seinem Zelt.

Gott verlässt dich sicher nicht,
Menschen werden dich verlassen.
Gott bleibt deines Lebens Licht,
wird sich stets neu finden lassen.
Dies ist dir fest zugesagt -
sei getrost und unverzagt.

Text: Eugen Eckert, Musik: Fritz Baltruweit. Der Text ist auch singbar zur Melodie EG 402 "Meinen Jesum lass ich nicht".

Dieses Ermutigungslied habe ich als Gemeindepfarrer seinerzeit allen Konfirmandinnen und Konfirmanden vermittelt. Und bis heute singe ich es regelmäßig mit Menschen in der Frankfurter Stadionkapelle und in Konzerten. Es soll helfen, “hier, in der oft kalten Welt” den Rücken für Zivilcourage zu stärken. Der Zuspruch Gottes lautet: “Sei getrost und unverzagt”. Du kannst dich auf Gottes Beistand und Gottes Nähe verlassen und darum mutig deinen Lebensweg gehen.

8. Weißt du, wieviel Sternlein stehen – EG 511

Seit ich mich erinnern kann, trage ich dieses Lied in mir. Und ich kann mich auch daran erinnern, dass ich mir sowohl als Kind als auch als Jugendlicher bisweilen völlig bedeutungslos vorkam. Dazu zählte auch die Frage, warum Gott angesichts von Milliarden von Kreaturen seiner Schöpfung ein Auge auch für mich haben sollte. Das Lied von Wilhelm Hey hat mir in diesem Fragen weitergeholfen. Denn, obwohl es auf dieser Welt so viel von allem gibt, legt mir der Dichter den Gedanken ins Herz “Gott kennt auch dich und hat dich lieb”.

Seit Jahrzehnten arbeite ich als Urlauberpastor auf der Insel Spiekeroog. In der Alten Inselkirche von 1695 hat ein Inselmaler die Decke dieses ostfriesischen Kleinods mit einem Sternenhimmel gestaltet. Von alten Insulanern habe ich erzählt bekommen, dass ihre Be-schäftigung bei einer langweiligen Predigt darin bestand, die Sterne an der Decke zu zählen. Aber niemand von ihnen kam je zu einem gesicherten Ergebnis.

Heute gilt Spiekeroog als Sterneninsel. Und wenn es am Strand ganz dunkel ist, kann ich die unzählbare Zahl an Sternen als Schöpferwerk Gottes nur bewundern. Und zum Glück kann ich gleichzeitig denken: “Kennt auch dich und hat dich lieb”.

9. Du bist mein Hirte – Habakuk

Du bist mein Hirte.
Ich fürchte mich nicht.
Selbst durch dunkle Täler
führt mich, Gott, dein Licht.

Wo immer mich mein Weg hinführt,
mit Segen bleibst du nah
und wenn mich Unglück trifft und schlägt,
heilst du den Schmerz, bist da.

Aus Sackgassen hilfst du heraus,
den Umweg lässt du zu.
In Ungewissheit bleibt mein Trost:
Der letzte Halt bist du.

Du bist mein Hirte…

An Quellen stillst du meinen Durst,
machst Leib und Seele satt.
Von Anfang an warst du die Kraft,
die mich beflügelt hat.

Durch Tag und Nacht gehst du mit mir,
es schützt mich deine Hand.
Wohin mein Weg führt, werd ich sehn –
Ich bin darauf gespannt.

Du bist mein Hirte….

Text: Eugen Eckert, Musik: Jan Koslowski, aus der CD „Was auch geschieht“

Psalm 23 steht im Hintergrund dieses Liedes. Der Psalm gehört zum Urgestein des jüdischen und des christlichen Glaubens. Und er beschreibt die Verlässlichkeit Gottes, der seine Menschenkinder durch finstere Täler und Angsterfahrungen so führt, wie ein guter Hirte seine Schafherde führt und beschützt.

10. Von guten Mächten wunderbar geborgen – Durch Hohes und Tiefes, 27

Der Text von Dietrich Bonhoeffer aus dem Jahr 1945, den er kurz vor seiner Hinrichtung als Trost an seine Verlobte Maria von Wedemeyer schickte, ist für mich in der Vertonung von Siegfried Fietz ein Trost- und Haltlied bis in die Tiefe meiner Existenz. Besonders die 3. Strophe verkörpert diese Tiefe für mich: „Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar, ohne Zittern, aus deiner guten und geliebten Hand“. In Bonhoeffer entdecke ich in diesem Lied den biblischen Hiob wieder, den keine noch so harte Erfahrung abbringen kann vom Vertrauen in Gott. Denn, so Bonhoeffer, schließlich sind wir „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Und darum „erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“.

Das Lied wird regelmäßig in Gottesdiensten zum Jahreswechsel gesungen. Es wird aber genauso für Beerdigungen ausgewählt, aber auch Hochzeiten. Und es wird immer wieder im Kontext von Abschieden gesungen. Ein Segen für jeden neuen Tag. 

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